Im Spätherbst steht plötzlich Vincenzo vor der Tür. Ich bin
völlig eiskalt erwischt worden und stelle ihn meinem Chef als guten Freund aus
Italien vor. Mein Chef, der nicht aufgegeben hat mich zu begrabschen, ist
sichtlich erschrocken über dieses Testosteronpaket. Er gibt mir spontan frei.
So verbringe ich ein heißes Wochenende mit meinem italo lover.
Am Montag fragt die Chefin, warum der Alte so schlecht drauf ist.
Keine Ahnung. Sie war wieder das ganze Wochenende unterwegs. Aber sie macht
Umsatz.
An Ostern bin ich wieder am Gardasee. Im Hotel von Mama. Die darf
aber nicht wissen, dass ich was mit ihrem Sohn habe. Ein prickelndes
Versteckspiel, es macht richtig Spaß.
Vincenzo ist sehr aufmerksam und liebevoll. Da er erst spät aus
der Küche kommt, ist er oft sehr müde, da gehen wir nicht so oft aus. Er kommt
dann leise in mein Zimmer geschlichen und wir knuscheln die ganze Nacht.
Herrlich.
Er achtet aber auch darauf, dass es mir nicht fad wird. Er
schickt mich in die Oper von Verona. Da bleibt einem die Luft weg, so schön
kann klassische Musik sein. Die Bustouristen sitzen meistens auf den teuren
Plätzen. Unten im Parkett sogar rotsamtene Sessel, weiter oben sind es dann
Klappstühle. Ich habe einen Platz auf den aufgeheizten Steinstufen. Beim Volk,
Popolo. Hier sitzen vorwiegend Italiener, Einheimische. Die erscheinen hier mit
vollen Picknickkörben und Wein. Sie sind alle sehr nett und laden mich auch auf
ein Gläschen und ein paar Trameccinis, Sandwiches, ein. Eine kippt mir ihr
volles Glas Wein von hinten ins Genick, macht nix, is ja noch mehr Wein da.
Als der Kapellmeister die Arena betritt wird es still und alle
zünden eine mitgebrachte Kerze an. Gänsehaut. Der Meister begrüßt den ersten
Geiger und dann geht es los.
Die Italiener sind seht textsicher und singen alle Arien mit.
Jeder ein kleiner. Caruso oder eine Callas. Auf der Bühne ist das
Hauptspektakel, um mich herum sind die vielen kleinen Bühnen mit ihren
jeweiligen Hauptdarstellern. In der Pause wir dann vor der Arena und auf den
Toiletten weiter geprobt. Nach der Oper geht es zum Essen. Rund um die Arena
gibt es ein Anzahl Restaurant mit Tischen und Stühlen davor. In jedem dieser
Restaurants wir ein großer Tisch für das Ensemble freigehalten. Nach einer
gefühlten Ewigkeit erscheinen die Künstler dann und alle erheben sich und
klatschen nochmal laut Beifall. Welches Restaurant sie dann tatsächlich wählen,
weiß niemand im Voraus. Hat man Glück, Sitz man dann direkt neben Carmen oder
Aida samt ihrem Pharao.
So gegen 3 Uhr in der Nach löst sich das Ganze dann auf. Die
hartgesottene gehen jetzt noch mal tanzen. Ich muss ins Bett.
Es sind oft Busgruppen in der Villa und Vincenso verhandelt mit
den Busfahrerern, dass die mich mitnehmen. So lerne ich die Umgebung auch gut
kennen. Italien gefällt mir immer besser.
Zurück im Hintertaunus fragt mich mein Chef, ob ich den Itaker
noch habe. Was geht das den an. Ich erzähl das der Chefin, die stutzt . Jetzt
wisse sie, warum der so scheisse drauf ist, er hat schon von Anfang an ein Auge
auf mich geworfen, das wusste sie, auch das mit der Messe und dem Hotel, schließlich
mache sie Buchhaltung, hahaha. Sie kennt aber auch seine körperlichen Schwächen
und hat sich daher keine ernsten Gedanken gemacht. Ich soll doch bitte
weiterhin gute Miene zum Spiel machen und ihr den Rücken freihalten. Es wäre ja
wohl auch in meinem Interesse den Laden zu halten. Na gut, mach ich.
Ich kann den nächsten Urlaub kaum erwarten.
Am Gardasee gibt es Neuigkeiten. La Mama ist krank und die Kinder
bewirtschaften das Hotel in eigener Regie. Diesmal fahr ich mit meinem Auto, da
ich über München fahre und mit Chef und Chefin einen Abstecher auf das
Oktoberfest mache.
Oktoberfest ist toll. Alle Menschen in Tracht. Herausgeputzt, mit allen Assessors. Hütchen,
Schirmchen, Kettchen, Täschen, Schuhchen, Strümpfchen. Der Rocksaum ist bei
einigen bedenklich hochgerutscht, man kann die Ansätze der halterlosen Strümpfe
sehen, Skandal. Wir sind von einem namhaften Trachtenhersteller eingeladen und
haben eine Loge im angesagtesten Bierzelt. Viele Prominente sind da,
unglaublich. Und ich mittendrin. Die saufen wie die Pferde, ich wusste nicht,
dass so viel Flüssigkeit in einen Menschen reingeht. Ich kann das nicht, mir
ist schlecht, das Dirndl viel zu eng, alles zu laut, ich kann nicht mehr
freundlich sein, wenn mich einer anlangt. Die Cheffin merkts, komm mal mit, ich
muss auf die Toilette. Sie schleppt mich raus und fragt, was los ist. Ich sag’s
ihr. OK, pass auf, Du kotzt jetzt das ganze Bier raus, dann gehts besser.- Hää.
Aber zach zack hat sie mich in eine Kabine gezerrt. Steck Dir den Finger tief
in den Hals, Hä? Ich den Finger in den Mund, sie packt mich von hinten und
drückt mir den Magen zusammen. Ich denke an die beiden Jäger. Ohhh mein Gott,
ein großer Strahl Mageninhalt schießt aus meinem Rachen. Wie ekelhaft. Sie
grinst mich an, das ist der Trick Mädel. Ich hab weiche Knie. Sie putzt mir dem
Mund ab und schleppt mich an den Tisch zurück. Unterwegs noch ein paar Tipps:
schieb dein Glas immer in die Mitte vom Tisch und nehm immer das, wo am
wenigsten drin ist. Wenn keiner schaut, kipp das Bier unter den Tisch oder dem
Nachbarn ins Glas. Hast Du echt geglaubt ich kann saufen wie ein Pferd. Jetzt
bestell ich Schnaps, damit schießen wir die Kerle ab. Kipp deinen Schnaps unter
den Tisch. Wenn die dann ferdisch sind, machen wir uns noch einen schönen Abend,
und blinzelt mir zu.
Gesagt, getan. Eine Stunde später liegen sich die Männer selig,
gröhlend in den Armen, oder auch schon mal mit dem Kopf auf dem Tisch und die
Chefin und ich verschwinden lautlos. Die
Wiesen hat noch mehr zu bieten als Biersaufen. Fahrgeschäfte und andere
Vergnügungen. Wir gehen an eine Schießbude. Die Chefin, erstklassige Schützin,
räumt den Laden ab. Sie verschenkt Rosen an einige junge Burschen. Der Inhaber
ist not amused und verweigert ihr weitere Munition. Wir nehmen unsere Teddybären,
Plüschmurmeltiere, Blumen und ziehen mit unserem Fanclub zum Käferzelt. Die
jungen Kerle sind zwar auch angetrunken, aber irgendwie nicht so unangenehm,
wie die alten Säcke. Sie flirten mit uns und ich hab einen riesen Spaß. Die
Chefin und ich sind jetzt per Du. Das Leben mag mich. Gegen Mitternacht gehen wir schweren Herzens
zurück ins Zelt, zum Chef und den anderen. Er liegt einem farbigen Kellner in
den Armen und beteuert, er sei kein Rassist. Da schau her, seid wann ? Die
anderen Herren schauen uns mit blutunterlaufenen Bassetaugen an, sehen uns aber
wohl nicht richtig. Der Blick ist traurig, wie hilfesuchend. Eine Bank ist
vollgekotzt. Hier beenden wir für die Herren den Abend und bestellen Taxis. Die
Chefin schläft in dieser Nacht bei mir, sie hat keine Lust auf das
Schnarchkonzert und all die Geräusche, die ein volltrunkener Mann von sich
gibt. Sie ist 10 Jahre jünger als er, sie weiß nicht, wie lange sie das noch
aushält. Sie hätte gerne Kinder gehabt, aber er kann wohl nicht zeugen. Seine erste
Frau hat von ihm auch keine Kinder, aber vom zweiten Mann. Obwohl sie da schon
über 40 war. Ein süßes Mädchen.
Morgen geht es weiter
Morgen geht es weiter
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