Dieser erste Urlaub in Italien ging dann auch mal zu Ende. Zu
Hause hat die Oma uns mit deutschem Essen empfangen. Für Papa war die Welt
wieder in Ordnung. Für mich auch, ich musste keine alten Palazzi mehr
anschauen, oder eine andere Trümmertour machen.
In den folgenden Jahren hat sich an unserem Urlaubsverhalten
nicht viel geändert. Die Anreise war einfacher, da 1963 der Brennerpass
eröffnet wurde, die berühmte Europabrücke. Mir war nicht mehr schlecht von den
viele Serpentinen. Wir hatten meistens eine Übernachtung in Österreich, hin und
zurück. Salzburg war schön, mit den Kutschen, die durch die Stadt klappern. Ein
hochherrschaftliches Gefühl. Ich durfte beim Kutscher vorne sitzen, der roch
sehr stark nach Schnaps, gut, dass die Pferde den Weg kannten.
Wir hatten nun ein größeres Auto, ein größeres Zelt und viele
Konserven dabei. Papa ist weiterhin auf Besichtigungstour. Mutti und ich haben
uns geweigert, das hatten wir alles schon gesehen. Keine alten Steine mehr,
bitte. Aber Papa hat dann immer wieder
Leute, Damen, gefunden, die er mit seinem Kunstwissen beeindrucken konnte.
Mutti hat in dieser Zeit die Kultur der einheimischen Bevölkerung studiert,
vorzugsweise der jungen Männer . Sie hat sogar einen Sprachkurs gemacht und
konnte schimpfen wir ein echter italienischer Busfahrer.
Ich hatte mich mit einigen Kindern aus der Zeltnachbarschaft
angefreundet und wir haben an der Eisdiele rumgestanden, waren schwimmen oder
haben Gummitwist gespielt. Oder irgendwas mit Buben gegen Mädchen. Es waren
aber keine italienischen Kinder dabei. Keine Ahnung wo die waren, jedenfalls
nicht auf dem Campingplatz in der deutschen Enklave.
Italien und die Italiener blieben uns fremd. Nur gucken, nicht
anfassen oder essen, was man nicht kennt. Kann auch sein, dass viele schon in
Deutschland waren, als Gastarbeiter.
Souvenirs beschränkten sich auf glitzernde Gondeln oder diese
lustigen Korbflaschen mit dem ungenießbaren Wein. Chianti. Zu Hause im
Partykeller immer ein Vorzeigeobjekt und die Flaschen mit Kerzen zu großen
Skulpturen wachsen lassen.
Es war jedes Jahr das gleiche, nur hatte ich immer ein neues
Dirndl an. Ich hätte auch gerne mal so schicke Shorts, oder einen Rock mit
Petticoat getragen, Papa hat’s nicht erlaubt. Dieser Amikram kommt nicht ins
Haus und diese Musik auch nicht. Wir hörten auch zu Hause keine moderne Musik.
Entweder Klassik oder Volksmusik. Papas Kommentar dazu: brauchen wir nicht. Egal ob neue Mode, Musik, eben modernes. Wäre
er Leiter der Evolution gewesen, wir wären heute noch Einzeller. ,, eine zweite
Zelle? Nee brauchen wir nicht, ging doch
gut bis jetzt. ( diesen Satz hatte ich von Dieter Nuhr abgeschrieben)
Elvis oder die neuen britischen Bands mussten wir hören wenn der
Vater auf Exkursion war. Sogar deutsche moderne Musik lehnte er ab. Peter
Kraus, Bibi Johnes. Am schlimmsten war es, die italienischen Lieder nicht hören
zu dürfen, Catharina Valente, Silvio Francesco, Adriano Celentano, Rita Pavone
: zwei kleine Italiener......... Ne, Rudolf Schock oder Maria Callas, die
Kreissäge, mussten es sein.
Ich wechselte die Schule, Mitte der 60 er, ab der 5. Klasse ging ich in die Realschule.
Die war im Nachbarort und ich musste mit dem Fahrrad dorthin. Bei Wind und
Wetter. Auch war dort alles anders. Neue Mitschüler, neue Lehrer, neues zu
lernen, neue Fächer, Fremdsprachen, Mathe statt Rechnen. Biologie, Chemie,
Physik. Eigentlich hatte Papa recht, brauchen wir nicht.
Ich war jetzt Schlüsselkind. Die neue Schule erweiterte meinen
Horizont. Ich stellte fest, dass es Mode gab und die Mädchenbekleidung nicht
nur aus Dirndln bestand. Das Leben öffnete mir neue Wege.
Es gab nun , auch für mich, die Beatles, die Stones, Elvis und
die Bravo. Die musste ich heimlich lesen. Meine Schulfreundinnen hatten diese
Superstars in Lebensgrösse in ihren Zimmern aufgehängt. Ich war soooo neidisch.
1963 wurde John F. Kennedy ermordet. Skandal. Erst die Kubakriese
gemeistert, eine Vorzeigefamilie . Später sind dann die Hüllen gefallen, der
hatte Verbindung zur Mafia, Frank Sinatra und ein paar Verhältnisse, auch mit
Marilyn Monroe. Dass wir damals soooo knapp an einem Atomkrieg vorbeigeschrabbt
sind haben wir gar nicht so geschnallt. Jeder war mit der neuen Zukunft
beschäftigt. Schaffe, schaffe, Häusle baue.
Der Krieg in Asien war weit, weit weg
In Berlin wurde sogar eine
Mauer quer durch die Stadt gebaut. Diese Leute dort konnten jetzt nirgends
mehr hin. Das Land war eingekastelt .
Keiner raus und nur mit Erlaubnis rein. Diese armen Leute. Oma hat zu
Weihnachten immer Päckchen nach drüben geschickt. Kaffee, Schokolade,
Nylonstrümpfe. Dafür bekam sie regelmäßig Räuchermännchen aus dem Erzgebirrge.
Viele, viele waren das.
Morgen geht es weiter..............
Morgen geht es weiter..............
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