Dem Alten ginge es schlecht. Zu viel Schweinskram, was auch immer
sie damit meinte, zu viel Alkohol, Zigaretten etc etc. De Dockder hat gesacht
er muss uffpasse. Das Geschäft geht schlecht, weil er sich nirgends mehr auf
Jagd sehen lässt. Da verkauft man die Waffen. Also wird sie das in Zukunft
übernehmen, schließlich hat sie auch den Jagdschein und verträgt auch mehr
Alkohol als er. Auch wenn sie jeden zweiten Schnaps unter den Tisch kippt, Sie
kann man dann nicht betrunken über den Tisch ziehen, eher umgekehrt. Gute Idee.
Von ihr man nur lernen.
Das bisserl im Laden rumstehen kann er noch und ich soll ihn
unterstützen.
Künftig ist sie an den Wochenenden auf Jagd und unter der Woche
bei potenziellen Kunden, um die Waffen im Schiessstand vorzuführen. Tja ,
potenziell und Waffen bekommen auch hier eine weitere Bedeutung. Auf den ein
oder anderen Jagdausflug nimmt sie mich mit. Jäger sind ein eigenes Volk. Auf
der einen Seite sehr elitär, wer kann sich schon eine Jagd leisen. Hohe Pacht
zahlen und ständig irgendwas bauen. Immer die besten Geländewagen, wir leben
schließlich in der Wildnis. Viele PS, viel Hubraum, viel Spritverbrauch.
Riesige teure Reifen, Seilwinden um einen Mammut aus dem Wald zu ziehen. Dazu
die Kleidung, alles aus Spezialgeschäften, wie Franconia, oder bei uns. Grins….
Du kannst keine weiße Unterwäsche unter einer Leder- oder Lodenhose tragen. Das
riecht das Wild und weg isses . Die Waffen kosten ein Vermögen, denn man
braucht mehrere. Stutzen, Flinte und Drilling gehören zur Grundausstattung,
dazu Messer. Teils um die angeschossene Sau mit der Saufeder abzustechen, ein
Messer zum Ausweiden, vom Hirschfänger bis zum Bambifänger, zum Briefe öffnen.
Mit so einer Ausrüstung hätten wir den Krieg gewonnen. Alles vom Feinsten. Dann
noch ein Jagdhund, der meistens übel riecht. Übrigens die Jäger auch. Die
müssen nach Mann riechen, nicht nach Duschgel, das verscheucht das Wild.
Ich habe mal aus Spaß einem Jäger mit meinem Parfüm besprüht, da
war ich unten durch.
Auch die Jagd selbst hat eigene Gesetze. Entweder man geht auf
eine Kanzel, einen Hochsitz, hockt da alleine und wartet. Fängt sich Zecken ,
lässt sich von Schnaken stechen, ist aber mugsmäuschenstill und bewegungslos in
Erwartung des kapitalen Wildes. Meistens geht man dann frustriert zum
Sonnenaufgang nach Hause, weil nix vorbeikam, außer Joggern, Reitern oder einem
liebeshungrigen Pärchen, das eigentlich auch den Hochsitz gebucht hatte. Eine
einsame Sache. Hat man aber das Glück und eine Sau oder ein Bock ist zur
falschen Zeit am falschen Ort und man schießt das Tier, geht der Stress los.
Man gibt dem Tier Zeit zum Sterben, dann kommt ein Eichblatt oder was anderes
grünes in das Maul des Tieres. Der letzte Biss. Dann wird das Tier
aufgebrochen, d.h. aufgeschnitten um die unverwertbaren Innereien
herauszunehmen. Die hat man früher einfach in die Gegend geworfen, die Fuchs
sollte das holen. Dann wird der ganze Kram ins Auto geschleppt und flott ein
Jagdfreund aufgesucht, mit dem oder denen man dann gemeinsam das Tier
todgesoffen hat. Mehrfach wird der Beobachtungs - und Tötungsvorgang erzählt
und ausgeschmückt. Ein zeitraubendes und anstrengendes Hobby. Der nächste Morgen
ist für die Katz. Das Auto verschlammt und blutverschmiert, möglicherweise auch
noch eigener Mageninhalt am Armaturenbrett. Ist es das eigene Revier, hat man
wenigstens einen Braten, ist man nur als Jagdhelfer, Jagdgeselle auf Pirsch
gewesen, muss man den Braten auch noch abgeben.
Anders die Gesellschaftsjagden, Treibjagden. Man findet sich vor
Jagdbeginn schon mal zu einem Frühstück ein. Manchmal schon mit alkoholischen
Getränken. Vor Jagdbeginn hält der Jagdherr, Besitzer des Jagdgeländes, eine
Rede. Das Wild soll respektvoll gestreckt werden. Also schonend geschossen
werden. Respektvoll töten, na Bravo . Die Treiberwehr wird eingeteilt, also die
Leute, die das Wild aus der Dickung vor die Gewehre der Jäger treiben. Immer in
der Reihe bleiben, dass man nicht in die Schusslinie gerät. Alle tragen
leuchtende Warnwesten. Wild ist übrigens farbenblind, also was soll das dann
mit den ganzen grünen Tarnklamotten. Wie beim Tennis früher, alles weiß, hier
alles grün. Ich würde auch mal Jagdbekleidung in fröhlichen Farben anbieten,
aber das ist nicht Waidmännisch.
Das wird angeblasen. Jäger blasen eine bestimmte Melodie ins
Jagdhorn und die Hunde jaulen dazu.
Ich wurde einem jungen Treiber zugeteilt, der auf mich achten
sollte. Und so kraxelten wir durch das Unterholz, Weissdornbüsche, Brombeeren,
Brennnessel. Ab und zu ging die Hektik los. Gebrüll, Achtung Reh oder Hase von
drei Uhr nach oben, bumm, da lagst dann. Respektvoll wird es eingesammelt. Die
Hunde kläffen die ganze Zeit. Ich bin fix und fertig, verdreckt und
verschwitzt. Endlich Mittag. Essen fassen. Deftige Suppe aus der Gulaschkanone
und Alkohol. Promillegrenze gilt hier nicht. Ob die jetzt noch respektvoll
zielen und treffen, oder einfach drauflosknallen? Im Rausch. Einige Jäger
notieren sich das Fehlverhalten der einzelnen Jäger und Treiber. Wie bei der
Stasi. Das kommt beim Jagdgericht aufs Tapet.
Am Nachmittag werden Enten gejagt. Da muss man nicht treiben, das
machen die Hunde, also, die, die freiwillig ins kalte Wasser gehen. Nicht jeder
Edeljagdhund weiß, dass er dazu gezüchtet wurde. Einige hauen einfach ab und
machen was anderes im Wald. Die mutigen Wasserhunde erkennt man später am
Geruch. Obwohl andere Hunde auch verschiedene Materialien finden, um sich darin
zu wälzen. Die stinken dann auch.
Enten werden mit Schrot geschossen. Viele kleine Bleikügelchen in
einer Patrone, die man in die Enten pumpt, Pumpgun. Das macht Freude dann beim
Essen, vor allem den Zahnärzten. Aus diesem Grund will auch fast niemand diese
Enten haben. Die werden trotzdem geschossen. Die platschen dann in den Bach und
ein guter Apportierhund holt sie bei, oder bleibt mit seiner Beute auf dem Ufer
gegenüber liegen und freut sich. Eine sehr laute Angelegenheit. Hunde kläffen,
Jäger ballern, andere schreien nach ihren Apportierhunden.
Endlich das Hallalie, Jagd aus. Jäger tröten in ihre Jagdhörner,
Hunde jaulen dazu.
Dann gibt es wieder Alkohol und die Strecke wird begutachtet,
also alle toten Tiere liegen in einer bestimmten Reihenfolge auf dem Rasen, mit
einem Blatt im Maul, das zuvor noch in Blut gestibbt wird, das Schweißblatt.
Einfach barbarisch. Wieder Getröte. Reh Tod, Has Tod, Fuchs Tod, Enten auch.
Wieder Schnaps. Kapitale Tiere, wie Wildschwein oder Hirsch sind selten dabei,
die sind zu clever um sich vor eine Flinte scheuchen zu lassen.
Anschließend ist Kesseltreiben, also Abendessen. Man sitzt
gemütlich an den Tischen, untendrunter die Stinkhunde. Auch die Menschen riehen
etwas strenger. Waidmännisch.
Nach dem Essen ist Jagdgericht. Wer sein Glas mit der rechten
Hand gehalten hat, wird bestraft, also die Anfänger, ich auch. Das Strafmaß
wird auf einen doppelten Schnaps festgelegt. Runter damit.
Mit offenem Gewehr rumlaufen, also entsichert, ist auch schuldig.
Strafmaß ist ein 10 er Schoppen. Ein 0,5 Bierglas, halb Cola, halb Cognac.
Runter damit. Wer seinen Hund nicht im Griff hatte auch Strafmaß. So geht das
immer weiter. Manche werde mehrfach bestraft. Die nehmen mit was geht.
Zum Schluss müssen noch die Debütanten ran, also die Jungjäger,
die zum ersten Mal dabei sind. Die müssen einen Flintenlauf trinken. Der
Flintenlauf wird aufgeklappt, unten mit einem Korken abgedichtet und dann mit
Schnaps befüllt. Nicht nur die Menge ist barbarisch, auch der Geschmack, denn
ein gutes Gewehr ist immer gut geölt, also trinkt der Debütant das Oel mit. Gut
für die Verdauung.
Danach werden sie mit einem Waidblatt geschwartet . Das bedeutet,
sie müssen sich mit heruntergelassener Hose auf einen Stuhl knien und werden
drei mal mit einem großen Messer auf den blanken Hintern geschlagen. Ein
interessantes Brauchtum, aber nicht immer nett anzusehen. Nach einer Treibjagd
ist man verschwitzt und die Unterwäsche wir angeschmuddelt.
Durch den reichlichen Alkoholgenuss sind alle glückselig in ihrem
Waidhandwerk. Keine Spur mehr elitär, eher volksnah, dummschwätzend, laut und
sie lieben sich alle. Ständig bläst einer erneut ins Jagdhorn, schräge Töne,
die Hund jaulen. Was für eine schöne Jagd, ein Hoch auf den Jagdherrn, denn der
hat das allen bezahlt und bleibt dann noch auf den bleiverseuchten Enten
sitzen. Als das große Umarmen und Singen beginnt, verdrücke ich mich in unsere
Pension. Ich bin ziemlich angetrunken und will nicht mehr.
Ich sitze dann noch eine
knappe Stunde auf der Treppe vor unserer Pension. Die Chefin hat eine
Besprechung mit einem Jungjäger und das dauert, nach dem vielen Alkohol, etwas
länger.
Von hier aus beobachte ich zwei junge Männer, die am Geländer des
Baches stehen. Einer steht, der andere beugt sich ständig über das Geländer.
Ihm ist wohl sehr schlecht. Sag der eine, he, mach jetzt schon, ich will wieder
rein. Der Kranke ziert sich noch. Da schnappt der Freund den armen Kerl um die
Mitte, komm, ich helf Dir, und drückt zu. Ein riesen Schwall schießt aus seinem
Hals. ,,Ausgekotzt’‘. sagt der andere, gehen mer wieder rein. Unfassbar, der
hat den ausgedrückt, wie eine Zahnpastatube. Raube Sitten hier.
Es war eine Erfahrung, aber das nächste mal bleib ich zu Hause.
Eine andere Anekdote kursiert hier rund um die Jagd. Bei einer
sehr erfolgreichen Jagd im Rheingau-Taunus, es wurden 20 Wildschweine und viele
Hirsche geschossen. Die Strecke, also die toten Tiere wurden ausgelegt und mit
den Jagdhörnern verblasen. Dann gabs Schüsseltreiben, Jagdgericht. Zur späteren
Stunde sollte das Wild dann auf den Transporter und in die Metzgerei, die alles
schon gekauft und bezahlt hatte. Das Wild war weg, geklaut. Auf
nimmerwiedersehen. Echt peinlich. In dem Gasthaus hängt noch heute ein Foto,
ein Beweisfotos, dass es diese große Strecke gab.
Morgen geht es weiter...........................
Morgen geht es weiter...........................
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