Dienstag, 16. Juli 2019


Folge  8

Dem Alten ginge es schlecht. Zu viel Schweinskram, was auch immer sie damit meinte, zu viel Alkohol, Zigaretten etc etc. De Dockder hat gesacht er muss uffpasse. Das Geschäft geht schlecht, weil er sich nirgends mehr auf Jagd sehen lässt. Da verkauft man die Waffen. Also wird sie das in Zukunft übernehmen, schließlich hat sie auch den Jagdschein und verträgt auch mehr Alkohol als er. Auch wenn sie jeden zweiten Schnaps unter den Tisch kippt, Sie kann man dann nicht betrunken über den Tisch ziehen, eher umgekehrt. Gute Idee. Von ihr man nur lernen.
Das bisserl im Laden rumstehen kann er noch und ich soll ihn unterstützen.
Künftig ist sie an den Wochenenden auf Jagd und unter der Woche bei potenziellen Kunden, um die Waffen im Schiessstand vorzuführen. Tja , potenziell und Waffen bekommen auch hier eine weitere Bedeutung. Auf den ein oder anderen Jagdausflug nimmt sie mich mit. Jäger sind ein eigenes Volk. Auf der einen Seite sehr elitär, wer kann sich schon eine Jagd leisen. Hohe Pacht zahlen und ständig irgendwas bauen. Immer die besten Geländewagen, wir leben schließlich in der Wildnis. Viele PS, viel Hubraum, viel Spritverbrauch. Riesige teure Reifen, Seilwinden um einen Mammut aus dem Wald zu ziehen. Dazu die Kleidung, alles aus Spezialgeschäften, wie Franconia, oder bei uns. Grins…. Du kannst keine weiße Unterwäsche unter einer Leder- oder Lodenhose tragen. Das riecht das Wild und weg isses . Die Waffen kosten ein Vermögen, denn man braucht mehrere. Stutzen, Flinte und Drilling gehören zur Grundausstattung, dazu Messer. Teils um die angeschossene Sau mit der Saufeder abzustechen, ein Messer zum Ausweiden, vom Hirschfänger bis zum Bambifänger, zum Briefe öffnen. Mit so einer Ausrüstung hätten wir den Krieg gewonnen. Alles vom Feinsten. Dann noch ein Jagdhund, der meistens übel riecht. Übrigens die Jäger auch. Die müssen nach Mann riechen, nicht nach Duschgel, das verscheucht das Wild.
Ich habe mal aus Spaß einem Jäger mit meinem Parfüm besprüht, da war ich unten durch.
Auch die Jagd selbst hat eigene Gesetze. Entweder man geht auf eine Kanzel, einen Hochsitz, hockt da alleine und wartet. Fängt sich Zecken , lässt sich von Schnaken stechen, ist aber mugsmäuschenstill und bewegungslos in Erwartung des kapitalen Wildes. Meistens geht man dann frustriert zum Sonnenaufgang nach Hause, weil nix vorbeikam, außer Joggern, Reitern oder einem liebeshungrigen Pärchen, das eigentlich auch den Hochsitz gebucht hatte. Eine einsame Sache. Hat man aber das Glück und eine Sau oder ein Bock ist zur falschen Zeit am falschen Ort und man schießt das Tier, geht der Stress los. Man gibt dem Tier Zeit zum Sterben, dann kommt ein Eichblatt oder was anderes grünes in das Maul des Tieres. Der letzte Biss. Dann wird das Tier aufgebrochen, d.h. aufgeschnitten um die unverwertbaren Innereien herauszunehmen. Die hat man früher einfach in die Gegend geworfen, die Fuchs sollte das holen. Dann wird der ganze Kram ins Auto geschleppt und flott ein Jagdfreund aufgesucht, mit dem oder denen man dann gemeinsam das Tier todgesoffen hat. Mehrfach wird der Beobachtungs - und Tötungsvorgang erzählt und ausgeschmückt. Ein zeitraubendes und anstrengendes Hobby. Der nächste Morgen ist für die Katz. Das Auto verschlammt und blutverschmiert, möglicherweise auch noch eigener Mageninhalt am Armaturenbrett. Ist es das eigene Revier, hat man wenigstens einen Braten, ist man nur als Jagdhelfer, Jagdgeselle auf Pirsch gewesen, muss man den Braten auch noch abgeben.
Anders die Gesellschaftsjagden, Treibjagden. Man findet sich vor Jagdbeginn schon mal zu einem Frühstück ein. Manchmal schon mit alkoholischen Getränken. Vor Jagdbeginn hält der Jagdherr, Besitzer des Jagdgeländes, eine Rede. Das Wild soll respektvoll gestreckt werden. Also schonend geschossen werden. Respektvoll töten, na Bravo . Die Treiberwehr wird eingeteilt, also die Leute, die das Wild aus der Dickung vor die Gewehre der Jäger treiben. Immer in der Reihe bleiben, dass man nicht in die Schusslinie gerät. Alle tragen leuchtende Warnwesten. Wild ist übrigens farbenblind, also was soll das dann mit den ganzen grünen Tarnklamotten. Wie beim Tennis früher, alles weiß, hier alles grün. Ich würde auch mal Jagdbekleidung in fröhlichen Farben anbieten, aber das ist nicht Waidmännisch.
Das wird angeblasen. Jäger blasen eine bestimmte Melodie ins Jagdhorn und die Hunde jaulen dazu.
Ich wurde einem jungen Treiber zugeteilt, der auf mich achten sollte. Und so kraxelten wir durch das Unterholz, Weissdornbüsche, Brombeeren, Brennnessel. Ab und zu ging die Hektik los. Gebrüll, Achtung Reh oder Hase von drei Uhr nach oben, bumm, da lagst dann. Respektvoll wird es eingesammelt. Die Hunde kläffen die ganze Zeit. Ich bin fix und fertig, verdreckt und verschwitzt. Endlich Mittag. Essen fassen. Deftige Suppe aus der Gulaschkanone und Alkohol. Promillegrenze gilt hier nicht. Ob die jetzt noch respektvoll zielen und treffen, oder einfach drauflosknallen? Im Rausch. Einige Jäger notieren sich das Fehlverhalten der einzelnen Jäger und Treiber. Wie bei der Stasi. Das kommt beim Jagdgericht aufs Tapet.
Am Nachmittag werden Enten gejagt. Da muss man nicht treiben, das machen die Hunde, also, die, die freiwillig ins kalte Wasser gehen. Nicht jeder Edeljagdhund weiß, dass er dazu gezüchtet wurde. Einige hauen einfach ab und machen was anderes im Wald. Die mutigen Wasserhunde erkennt man später am Geruch. Obwohl andere Hunde auch verschiedene Materialien finden, um sich darin zu wälzen. Die stinken dann auch.
Enten werden mit Schrot geschossen. Viele kleine Bleikügelchen in einer Patrone, die man in die Enten pumpt, Pumpgun. Das macht Freude dann beim Essen, vor allem den Zahnärzten. Aus diesem Grund will auch fast niemand diese Enten haben. Die werden trotzdem geschossen. Die platschen dann in den Bach und ein guter Apportierhund holt sie bei, oder bleibt mit seiner Beute auf dem Ufer gegenüber liegen und freut sich. Eine sehr laute Angelegenheit. Hunde kläffen, Jäger ballern, andere schreien nach ihren Apportierhunden.
Endlich das Hallalie, Jagd aus. Jäger tröten in ihre Jagdhörner, Hunde jaulen dazu.
Dann gibt es wieder Alkohol und die Strecke wird begutachtet, also alle toten Tiere liegen in einer bestimmten Reihenfolge auf dem Rasen, mit einem Blatt im Maul, das zuvor noch in Blut gestibbt wird, das Schweißblatt. Einfach barbarisch. Wieder Getröte. Reh Tod, Has Tod, Fuchs Tod, Enten auch. Wieder Schnaps. Kapitale Tiere, wie Wildschwein oder Hirsch sind selten dabei, die sind zu clever um sich vor eine Flinte scheuchen zu lassen.
Anschließend ist Kesseltreiben, also Abendessen. Man sitzt gemütlich an den Tischen, untendrunter die Stinkhunde. Auch die Menschen riehen etwas strenger. Waidmännisch.
Nach dem Essen ist Jagdgericht. Wer sein Glas mit der rechten Hand gehalten hat, wird bestraft, also die Anfänger, ich auch. Das Strafmaß wird auf einen doppelten Schnaps festgelegt. Runter damit.
Mit offenem Gewehr rumlaufen, also entsichert, ist auch schuldig. Strafmaß ist ein 10 er Schoppen. Ein 0,5 Bierglas, halb Cola, halb Cognac. Runter damit. Wer seinen Hund nicht im Griff hatte auch Strafmaß. So geht das immer weiter. Manche werde mehrfach bestraft. Die nehmen mit was geht.
Zum Schluss müssen noch die Debütanten ran, also die Jungjäger, die zum ersten Mal dabei sind. Die müssen einen Flintenlauf trinken. Der Flintenlauf wird aufgeklappt, unten mit einem Korken abgedichtet und dann mit Schnaps befüllt. Nicht nur die Menge ist barbarisch, auch der Geschmack, denn ein gutes Gewehr ist immer gut geölt, also trinkt der Debütant das Oel mit. Gut für die Verdauung.
Danach werden sie mit einem Waidblatt geschwartet . Das bedeutet, sie müssen sich mit heruntergelassener Hose auf einen Stuhl knien und werden drei mal mit einem großen Messer auf den blanken Hintern geschlagen. Ein interessantes Brauchtum, aber nicht immer nett anzusehen. Nach einer Treibjagd ist man verschwitzt und die Unterwäsche wir angeschmuddelt.
Durch den reichlichen Alkoholgenuss sind alle glückselig in ihrem Waidhandwerk. Keine Spur mehr elitär, eher volksnah, dummschwätzend, laut und sie lieben sich alle. Ständig bläst einer erneut ins Jagdhorn, schräge Töne, die Hund jaulen. Was für eine schöne Jagd, ein Hoch auf den Jagdherrn, denn der hat das allen bezahlt und bleibt dann noch auf den bleiverseuchten Enten sitzen. Als das große Umarmen und Singen beginnt, verdrücke ich mich in unsere Pension. Ich bin ziemlich angetrunken und will nicht mehr.
 Ich sitze dann noch eine knappe Stunde auf der Treppe vor unserer Pension. Die Chefin hat eine Besprechung mit einem Jungjäger und das dauert, nach dem vielen Alkohol, etwas länger.
Von hier aus beobachte ich zwei junge Männer, die am Geländer des Baches stehen. Einer steht, der andere beugt sich ständig über das Geländer. Ihm ist wohl sehr schlecht. Sag der eine, he, mach jetzt schon, ich will wieder rein. Der Kranke ziert sich noch. Da schnappt der Freund den armen Kerl um die Mitte, komm, ich helf Dir, und drückt zu. Ein riesen Schwall schießt aus seinem Hals. ,,Ausgekotzt’‘. sagt der andere, gehen mer wieder rein. Unfassbar, der hat den ausgedrückt, wie eine Zahnpastatube. Raube Sitten hier.
Es war eine Erfahrung, aber das nächste mal bleib ich zu Hause.
Eine andere Anekdote kursiert hier rund um die Jagd. Bei einer sehr erfolgreichen Jagd im Rheingau-Taunus, es wurden 20 Wildschweine und viele Hirsche geschossen. Die Strecke, also die toten Tiere wurden ausgelegt und mit den Jagdhörnern verblasen. Dann gabs Schüsseltreiben, Jagdgericht. Zur späteren Stunde sollte das Wild dann auf den Transporter und in die Metzgerei, die alles schon gekauft und bezahlt hatte. Das Wild war weg, geklaut. Auf nimmerwiedersehen. Echt peinlich. In dem Gasthaus hängt noch heute ein Foto, ein Beweisfotos, dass es diese große Strecke gab.


Morgen geht es weiter...........................

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