Freitag, 12. Juli 2019

Folge 5


Die Notstandsgesetze wurden verabschiedet, was immer das auch bedeutet, war aber in aller Munde. Dann war da noch die RAF. Die haben Kaufhäuser angezündet, Politiker erschossen und Flugzeuge entführt. Was für ein Irrsinn.
Dafür wurden aber Frauen selbstständiger und selbstsicherer. Erst 1969 dürfte eine verheiratete Frau ein eigenes Bankkonto haben. Hurra, es geht voran, vielen Dank auch.
Die Studentenbewegung in den Universitätsstädten war auch sehr aktiv. Es wurde randaliert, Häuser besetzt und BH s verbrannt. Dann noch der § 218, Abtreibung und der § 175 Homosexualität. Ständig wurde irgendwo demonstriert. Die Polizei fuhr mit Wasserwerfern dagegen an. Ich sah das nur im Fernsehen, ich würde da nie mitmachen.
Anfang der 70er verließ ich die Schule und begann eine Lehre in einem Kaufhaus. Einzelhandelskaufmann. Die Arbeit machte mir Spaß, nachdem ich einige Abteilungen durchwandert hatte und bei den Spielwaren und Geschenkartikeln hängen blieb. Da musste ich nicht die neueste Mode tragen und zu Fasching konnte ich mein Dirndl anziehen. Ein paar Herzchen auf die Wangen gemalt und ich war glücklich. Ich hatte plötzlich eigenes Geld. Ich wohnte noch bei Mutti, aber die war fast nie zu Hause. Sie war auf einem Selbstfindungstrip. In Griechenland und später in Indien. Eigentlich sollte ich immer mit ihr in Urlaub fahren, aber die Leute mit denen sie zusammen war, waren mir zu fremd. Alles wurde durchdiskutiert, auch ich. Die wollten mich befreien, von den alten Zöpfen. Ich wollte, dass alles so bleibt wie es war. Keine Experimente.
Fasching hab ich dann auch meinen Wolfgang kennengelernt. Auf einem Lumpenball in einem Nachbarort. Da war so eine Sektbar. Nach einigen Tänzchen schleppte mich mein Wolfgang in besagte Bar. Nach einigen Gläschen Sekt ließ ich mich in einer dunklen Ecke nach allen Regeln abgrabschen. Ich fand das richtig gut, endlich mal einer, der sich traute, was auch immer.
Wir trafen uns danach öfter und auf dem Rücksitz seines K70 verlor ich meine Unschuld. Jetzt musste ich doch mal zum Arzt und mir die Pille verschreiben lassen. Ich wählte einen Arzt in Frankfurt, weit genug weg von unserem Dorf, dass mich keiner sieht.
Wolfgang war aus dem Hintertaunus. Als wir beschlossen zusammen zu ziehen, musste ich den Führerschein machen, denn aus diesem vergessenen Bergdorf, kommst Du ohne Auto nicht raus. Arbeit gibt es dort erst recht nicht. Nun verbrachte ich täglich, je morgens und abends, 1 Stunde in der Blechlavine. Zusammen könnten wir nicht fahren, da wir völlig unterschiedliche Arbeitszeiten hatten.
Der Vietnamkrieg ist endlich zu Ende. Endlich Schluss mit diesen grauenhaften Bildern, von dürren gejagten Menschen, Bomben und Feuer.
Mitte der 70er heirateten wir und erwarben ein Baugrundstück. Mit Hilfe seiner buckligen Verwandschaft hat mein Mann dann ein Haus gebaut. Das ist auf dem platten Land so, man hilft sich. Mit dem Ergebnis, dass man die nächsten 5 Jahre an den Wochenenden beim Bau diverser anderer Häuser eingeplant wird. Die Frauen übernehmen das Catering, Kartoffelsalat, Sauerrkraut, Worschtplatten, Linsesupp mit Rindswörscht, Lebberkäsbrötchen, Bratwurst.
Für mich war das schwierig, zu organisieren, da ich berufstätig war und das auch Samstags. Da habe ich die Pizza für mich entdeckt. Alle waren immer ganz heiß auf meine Pizza. Konnte alles gut vorbereitet werden und war der exotische Knaller. Natürlich an deutsche Geschmäcker angepasst. Zum Teil sogar mit Ananas, oder Hackfleischsauce obendrauf. Auf keinen Fall Anchovis oder so exotisches Zeug.
Und so konnte ich einige von denen für den Gardasee begeistern.die meisten waren noch nie im Urlaub, oder gar im Ausland gewesen. Im Sommer 1980  fuhren wir mit 8 Personen, 4 Pärchen an meinen Gardasee. Alle in todschicken, hochmodischen Klamotten, ich im Dirndl.
Da wir alle.finanziell klamm waren, wählten wir wieder den Campingplatz. Zurück zu den Anfängen.
Der Schock:  Der Platz war jetzt parzelliert, nix mit wild Zelt aufstellen. Ich hatte das alte Zelt meiner Eltern vom Dachboden geholt. Ich dachte das ist jetzt der Knaller. In den vergangenen 20 Jahren ist die Weiterentwicklung auch am Campingdesign nicht vorbeigegangen. Unser Zelt war tatsächlich DIE Sensation. Habt ihr das Ding aus dem Museum? Das war noch freundlich. Früher war ich immer in den Sommerferien hier. Da wir alle noch keine Kinder hatten, waren wir nun schon im Juni hier. Glückwunsch, Regenzeit. Unser Superzelt ist nicht mehr wirklich Regen geeignet. Mein Wolfgang war stinksauer,  alle hatten schicke Zelte, leicht aufzubauen und wasserdicht. Wir nicht, super Honeymoon. Aber dank unseres Doppelverdienstes, können wir uns einen dieser Wohnwagen, die der Campingplatzvermieter anbietet, leisten. Das ist toll. Nicht mehr im geduckten Zeltgang leben. Es ist nix so schlecht, dass es nicht für irgendwas gut ist. Sogar eine Chmietoilette ist drin. Kein Ahnung wo der  Campingplatzbesitzer das entsorgt, war mir auch egal. Die Wohnwagen stehen in einem anderen Teil des Campingplatzes. Abgehoben vom Fußvolk in den Zelten und Schlafsäcken. Das hat meinem Wolfgang wieder gefallen. Honeymoon gerettet. Unsere unmittelbaren Nachbarn sind überwiegend Holländer, die mit eigenen Wohnwagen hier sind. Wolfgang ist not amused , aus fussballtechnischen Gründen, keine Ahnung. Ich bin fasziniert von denen. Die haben alles dabei, vom Grill bis zum Haartrockner, Bügelbrett und Bügeleisen, Waffeleisen für die leckeren Waffeln, alles, alles. und die sind hier noch nicht am Ziel. Die wollen weiter,  ans Meer. Warum auch immer, Wasser ist Wasser . Hier gibt es keine Quallen. Nicht dass ich schon mal eine gesehen hätte, aber das ist immer die erste Frage, wenn einer am Meer war. In Venedig roch das Meerwasser außerdem nicht so lecker. Das kann dann auf der Insel daneben, Jesolo, auch nicht besser sein.
Fahrendes Volk. Ich dachte immer die müssten schwarzhaarig sein. Unsere holländischen Nachbarn sind blond, drall, laut, bunt, trinkfest.


Morgen geht es weiter............

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